Gesundheit, Generationen

Bad Honnef setzt auf die Zukunftswerkstatt Kommunen…Interview mit Holger Heuser

 

 

 

 

 

Holger Heuser, 1. Beigeordneter der Stadt Bad Honnef

 

 

 

Wohnraum, Mobilität, Vereinswelt, Stadtleben, Nahversorgung, Bildung, Kultur, Sport – in Bad Honnef gibt es kein Themenfeld, dass sich den Herausforderungen und Veränderungen des Demographischen Wandels entziehen kann. Bad Honnef altert, die Gesellschaft verändert sich. Daher bearbeitet die Stadt den demographischen Wandel mit einer „Zukunftswerkstatt Kommunen“, kurz ZWK, um „attraktiv im Wandel“ zu bleiben, erklärt Holger Heuser, Erster Beigeordneter der Stadt Bad Honnef, im Interview.

Immer wieder begegnet uns im Alltag der Begriff des demographischen Wandels. Was bedeutet das für Bad Honnef konkret?

Es geht um die Zukunft unserer Stadt. Und das ist keine Übertreibung, wie ein Blick in die aktuellen Statistiken und Prognosen verrät, nach denen Bad Honnef im Kreis den Spitzenplatz in der Altersstruktur einnimmt. Wir haben eine sehr alte Gesellschaft, die weiter altern wird. Das sind Fakten, auf die wir uns einstellen und mit denen wir umgehen müssen. Wir arbeiten in der Zukunftswerkstatt Kommunen daran, sowohl attraktive Angebote für die alternde Gesellschaft zu schaffen als auch vorhandene Angebote zu sichern und unsere Attraktivität junge Familien zu erhöhen. Junge Menschen sollen sich hier wohlfühlen, hierbleiben und ihre Stadt mitgestalten.

Geht es im ZWK-Projekt eher um Senioren oder um die Jugend?

Sowohl als auch. Wir betrachten die Altersgruppen nicht isoliert, sondern unsere Stadt und ihre Gesellschaft ganzheitlich. Wir müssen die Bedürfnisse und Wünsche aller Altersgruppen berücksichtigen, um dem städtischen Motto der „Lebensfreude“ gerecht zu werden. Es bringt nichts, sich auf die Schaffung von Kindergärten, Jugendtreffs oder Altenheimen zu konzentrieren, wenn morgen oder übermorgen niemand da ist, der sie besucht bzw. nutzt. Die ganzheitliche Betrachtung für die Zukunft der Stadt ist ein zentrales Element: wir zeigen im ZWK-Projekt, dass es nicht immer nur ein „entweder oder“ geben muss, sondern manchmal auch ein „sowohl als auch“ geben kann – beispielsweise, wenn sich Jung und Alt in Vereinen oder in gemeinsam genutzten Immobilien begegnen, sich miteinander vernetzen und dann voneinander profitieren.

Welche Rolle spielen dabei die Vereine?

Engagement in Vereinen gehört zum Bad Honnefer Markenkern: Hier kommen Menschen unterschiedlichster Altersstrukturen, sozialer und beruflicher Hintergründe zusammen, um gemeinsam etwas zu bewegen. Das können die Bad Honnefer richtig gut. Bei einem Treffen von Spitzenvertretern des ZWK-Projektes aus 14 Kommunen wurde uns unisono sehr deutlich gemacht: eine derart leistungsstarke, vielfältige und altersübergreifende Vereinswelt wie in Bad Honnef sucht ihresgleichen. Das ist uns hier in der Stadt nicht immer so bewusst, weil wir es nicht anders kennen. Bad Honnef ist eine echte Ehrenamts- und Vereinsstadt. Hier wird unglaublich viel ehrenamtlich geleistet. Mit der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft könnte sich dies verändern, sofern nicht genügend junge Menschen nachkommen, die diese Aufgaben übernehmen können und wollen.

Junge Menschen brauchen Platz, konkret Wohnraum. Bei Kauf- und Mietpreisen ist Bad Honnef im Spitzenfeld der Preisskala unterwegs. Es gibt kaum Angebote, erst recht keine bezahlbaren Angebote für jungen Familien. Könnten daran die guten Pläne für einen demographischen Wandel in der Stadt scheitern?

Um solche Fragen zu klären, haben wir die ZWK aktiviert und wir tun dies ganz bewusst mit der Bevölkerung, mit Interessensgruppen und der Politik gemeinsam. Es geht um wichtige Zukunftsfragen, Wohnraum ist ein schwieriges Thema: wir wissen, dass es viele alte Menschen in unserer Stadt gibt, die 150, 200, 250 oder auch mehr Quadratmeter Wohnfläche für sich allein oder zu zweit haben, weil die Kinder längst aus dem Haus sind. Natürlich wollen die Seniorinnen und Senioren in ihrem gewohnten Umfeld und am liebsten in den eigenen vier Wänden alt werden und wohnen bleiben. Ein Wohnungswechsel kommt für diese Menschen – sofern überhaupt – nur dann in Frage, wenn sie eine bessere Offerte optimal im gleichen Quartier erhalten. Ein Angebot das mehr Komfort, mehr Sicherheit und weniger Unterhaltsaufwand bietet. Wir brauchen also nicht nur Wohnraum für junge Familien, sondern auch barrierefreien Wohnraum für Senioren, die sich im Alter räumlich verkleinern wollen ohne dafür ihr Quartier oder die Stadt verlassen zu müssen.

Wohnraum ist das Eine, ein attraktives Wohnumfeld mit Stadtleben das Andere. Wie könnte dies nach Überlegungen der Zukunftswerkstatt Kommunen in Zukunft aussehen?

Stadtleben kann man nicht allein auf dem Papier planen, sondern nur mit den Menschen. Ein Beispiel: die Stadt würde ein großes Neubauprojekt oder Neubaugebiet allein für junge Familien einrichten. Die Familien brauchen bald Kita- und Grundschulplätze. In 15 oder 20 Jahren sind die Kinder junge Erwachsene, ziehen für die Ausbildung oder das Studium weiter und aus dem früheren Neubaugebiet für junge Familien wird irgendwann ein Wohngebiet für berufstätige Paare, die in ihrem Leben keinen Kita- oder Grundschulplatz mehr brauchen, vielleicht aber irgendwann für die Großeltern eine Betreuungs- oder Tagespflegemöglichkeit. Solche demografisch bedingten Veränderungen wollen wir bei unseren Planungen von vorneherein stärker berücksichtigen. Auch Angebote der Mobilität, Nahversorgung, Kultur und Freizeit sollen für Jung und Alt gleichsam attraktiv sein. Wir müssen also versuchen, möglichst vielseitig und flexibel für eine Zukunft zu planen, die wir nicht genau kennen und die viele Unwägbarkeiten mit sich bringen kann.

In den vergangenen Wochen wurde berichtet, die frühere Konrad-Adenauer-Schule, die KASch, soll in Ihrem Demographie-Projekt eine wichtige Rolle spielen. Was genau ist dort geplant?

Das Gebäude war immer ein Ort der Begegnungen und hier sollen auch zukünftig alle Fäden der Begegnungen und der Vernetzungen der Generationen ein stückweit zusammenlaufen. Das Gebäude bietet große Chancen, nachdem 2019 die Schule ausgelaufen ist, zu einem Quartierstreff weiterentwickelt zu werden. Den Treff, auch „Generation Hub“ genannt, planen wir nicht allein: Vertreter der Jugend, der Stadtjugendring, die Politik und die Seniorenvertretung sind an dem Projekt beteiligt. Unterstützt werden wir dabei von der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft.

Wem gehört denn zukünftig die KASch? Wird sie ein Ort für Jung und/oder Alt?

Aus der ehemaligen Schule soll weder ein reiner Jugendtreff noch ein Seniorentreff. Und sie wird auch kein Generationentreff, in dem wir Jung und Alt an einen Tisch zwingen. Das funktioniert nicht, das ist doch klar. Wir wollen im Rahmen des Projektes einen Ort schaffen, in dem alle Alters- und Interessensgruppen ihren Raum finden und sich zumindest begegnen können, sofern sie es wollen. Aus diesen Begegnungen können neue Kontakte, Synergien und vielleicht auch Ideen und Lösungen für Wohnraum, Wohnprojekte, Zukunftsperspektiven für Vereine und so weiter erwachsen. Und die braucht es, damit Bad Honnef auch zukünftig attraktiv bleibt.

 

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