Von Claudia Solzbacher
Wenn man Bad Honnef Bürger und Bürgerinnen befragt, was sie mit dem schönen schlossähnlichen Haus Hohenhonnef verbinden, so antworten die meisten, dass dort einmal eine berühmte Lungenheilstätte war und jetzt dort Menschen mit Behinderung betreut werden. Aber wie genau sieht das Leben und Arbeiten auf dem ehemaligen Zauberberg heute aus? Das haben wir die Einrichtungsleiterin Marion Prechtl gefragt.
Die Cornelius-Helferich-Stiftung leistete Pionierarbeit
„Um deutlich zu machen, wie innovativ in Hohenhonnef heute gearbeitet wird, muss man an die Anfänge der Arbeit 1979 kurz erinnern“, so Marion Prechtl, „denn die Eröffnung des Hauses war eine Reaktion auf eine große Untersuchung der Psychiatrie-Enquête-Kommission 1975“. Die Bundesrepublik Deutschland hatte bis dahin einen mühsamen Weg in Sachen Psychiatrie hinter sich und begann erst Jahrzehnte nach den NS-Krankenmorden, sich mit der Situation der psychisch Kranken in der Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Der Enquete-Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland offenbarte schwerwiegende Mängel in der Betreuung von Menschen mit Behinderung. „Diese mussten zu einem großen Teil in stationären Einrichtungen, wie beispielsweise den Landeskrankenhäusern, unter teilweise menschenunwürdigen Umständen leben. Sie wurden in der Regel in großen Schlafsälen untergebracht, aber nicht wirklich betreut, geschweige denn gefördert“, fasst Prechtl zusammen. Die Hohenhonnef GmbH bzw. die Cornelius-Helferich-Stiftung wollte dem Abhilfe schaffen und konnte durch den Erwerb des Hauses nicht nur Doppelzimmer bieten und Räumlichkeiten, in denen die Bewohner gefördert werden konnten, sondern insgesamt lebenswerte menschenwürdige Verhältnisse schaffen. „Zu Beginn konnte man kaum auf ausgebildetes Personal zurückgreifen, denn die einschlägigen Ausbildungsberufe wie Heilerziehungspflege oder Studiengänge der Heilpädagogik oder sozialen Arbeit gab es damals noch nicht und ebenso wenig innovative Konzepte“, erläutert Marion Prechtl. Die Hohenhonnef GmbH ist heute eine gemeinnützige Gesellschaft, die Menschen mit Behinderung vielfältige Angebote und differenzierte Unterstützung bietet. Träger ist nach wie vor die Cornelius-Helferich-Stiftung. Die GmbH bietet Wohnen, Assistenz und Pflege, Arbeit, Beschäftigung und Freizeit.
Fördern und Fordern steht im Mittelpunkt
Seit 1979 steht die Förderung der Alltagskompetenz der Menschen dort im Mittelpunkt. Heute finden wir in dem reichhaltigen Programmheft zum Beispiel Termine zum Backen im Wohnhaus in Selhof oder Arbeitsgruppen zur Körperpflege oder zu schönen Frisuren. Es wird gemeinsam gegärtnert, Fahrrad gefahren oder Ausstellungen besucht. Marion Prechtl freut sich, dass dabei die Mitarbeitenden auch von Ehrenamtlichen aus Bad Honnef unterstützt werden. „Ehrenämtler helfen uns auch dabei, Sport- und Bewegungsangebote anbieten zu können. Wir könnten aber sehr gut weitere interessierte Ehrenamtliche gebrauchen“, so die Einrichtungsleiterin.

Natürlich gehen auch viele Bewohner gerne in die Innenstadt. „Wir gehen nicht wie damals mehr in großen Gruppen mit den Bewohnern in die Stadt , sondern wir möchten, dass sie sich ganz normal auch als Einzelpersonen integrieren. Die Bewohner und Bewohnerinnen, die es können, gehen einkaufen oder spazieren und werden auch nicht immer von uns dabei begleitet. Eine Herausforderung war natürlich von Anfang an der weite Weg vom Berg in die Stadt und vor allen Dingen wieder zurück. Dankenswerterweise hat die Stadt Bad Honnef uns darin unterstützt, Fahrer für einen Shuttlebus zu finden, den die Bewohner freitags nutzen können. Das wird sehr gerne angenommen“, freut sich Prechtl.
Schon seit den achtziger Jahren spielt auch die Beschäftigung in unterschiedlichen Arbeitsumfeldern eine wichtige Rolle für die Bewohner. „Wir arbeiten zum Beispiel mit einigen Bad Honnefer oder Rheinbreitbacher Firmen quasi vom ersten Tag an zusammen, die uns die Möglichkeit geben, kleinere Arbeiten durchzuführen. Lange unterstützte uns die Firma DELU oder bis heute die Firma Mepa, die Sanitärprodukte herstellt. Die Bewohner werden selbstverständlich auch dafür bezahlt und können sich so etwas zu ihrer normalen Grundsicherung hinzuverdienen. Wir würden uns sehr freuen, wenn weitere Betriebe Kontakt mit uns aufnehmen könnten um zu überlegen, wie unsere Bewohner die Firma unterstützen könnten. Die Qualifikationen sind häufig höher, als viele Leute sich das vorstellen können“, so Marion Prechtl. Einige unserer gehandicapten Honnefer Mitbürger fahren auch allmorgendlich mit Shuttle-Bussen in die weitere Umgebung in umliegende betreuende Werkstätten um dort zu arbeiten.
Ein Highlight von Hohenhonnef ist sicher die Kunstwerkstatt „Der blaue See“. „Wir konnten vor einigen Jahren eine künstlerisch interessierte und begabte Mitarbeiterin gewinnen, die hier ein weithin anerkanntes Eldorado für unsere begabten Maler und Malerinnen geschaffen hat“, erzählt Prechtl. Vielen Bad Honnefern sind die wunderschönen und strahlenden Bilder (die im ganzen Haus hängen!) bekannt durch die Rhöndorfer Freiluft-Galerie oder den tollen Jahreskalender. „Jeder kann uns besuchen und unsere Kunstwerke erwerben oder die kunstvoll gestalteten Grußkarten für alle Anlässe“, lädt Prechtl ein.
Die Hohenhonnef GmbH ist ein wichtiger Arbeitgeber
Marion Prechtl selber kam 1989 nach Hohenhonnef. Als Studentin der Psychologie wollte sie sich ihr Studium dort oben finanzieren und weil sie in ihrer ersten Ausbildung Krankenschwester war,

hat man sie auch sehr gerne genommen. „Die Atmosphäre hier oben hat mich dann hier gehalten. Hier wurde und wird innovativ gedacht und geplant, es herrscht hier eine liebevolle Arbeitsatmosphäre und die Arbeit macht Sinn“, so Prechtl. „Wir sind nicht nur ein sehr wichtiger Arbeitgeber mit insgesamt 360 Mitarbeitenden in all unseren Häusern zusammen, sondern auch noch ein überregional anerkannter Ausbildungsbetrieb und Praxispartner für unterschiedliche Hochschulen“, so Prechtl. „Auch hier würden wir uns über weitere Bewerber und Bewerberinnen freuen. Unsere aktuell große Herausforderung ist es nämlich, gutes qualifiziertes Personal zu bekommen. Die Fachkräfte, die bei uns arbeiten, nämlich Erzieher und Erzieherinnen oder Heilpädagogen oder Studierende der sozialen Arbeit haben ein breites Aufgabenfeld und eine abwechslungsreiche und sinnstiftende Tätigkeit.
Für alle interessierten bietet die Stadt Bad Honnef mehrmals im Jahr Führungen an, die sowohl die vergangenen glanzvollen Zeiten der Lungenheilanstalt als auch die aktuelle Arbeit in Hohenhonnef beleuchten. Die nächsten Termine sind am 6.4. 2025 sowie am 21.9. jeweils um 15.00.
Die Karten sind ausschließlich bei der „Stadt Info“ im Rathaus zu erwerben. Sie beinhalten auch Kaffee und Kuchen im hauseigenen Cafe.